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Ahallafeyer in der Ratisbona

Weit weg verschlug es mich, das Schlusslicht unseres herrlichen Reyches Colonia Agrippina, in den Südosten unserer Republik, in die herrliche Oberfalz, in den bunten, intensiv nach Pilzen duftenden Bayerischen Wald.

Ich war dort der Profaney wegen, versorgte das Archiv eines Dominikanerinnenklosters, also doch nicht Profaney? Wie dem auch sei – am Freitag, dem 29ten im Lethemonde, fuhr ich von Roding nach Regensburg, wühlte mich vom Parkplatz über die „Steinerne Brücke“ (Die gibt es wirklich. Man baute da Bücken mit echten Steinen und mit Stahl…) in die Altstadt weg vom Dome zum alten Rathaus, verirrte mich in den weitläufigen Gefilden des Ratskellers, wurde dorten herausgeworfen, suchte dann den Eingang zur Barbaraburg, der ein wenig versteckt liegt und mich fünfzehn Minuten Suchzeit kostete, fand ihn und war drin. In einer echten Burg, in alten Gewölben im Keller des alten Rathauses, fürnehmst gestaltet.

Als gelernte Colone habe ich natürlich den ersten Besten aller Ratisbonensen gefragt: „Isset nit herrlisch?“ wurde aber nicht recht verstanden. Immerhin, ich war zur Sippung angemeldet, nahm Platz an der Junkertafel – vier Junker und ein Knappe der Dortigen waren da, auch 11 Ritter, alle in Schwarz, ohne Rüstung, nur mit Bandelier. Geplant war die Sippung nach bewährtem Ratisbonen-Muster: Kurzer erster Block mit Amtlichem, dann kurze Schmuspause, dann Ahallafeyer.

Als einziger Gast war ich eingeritten, und dann auch noch von der Mutter, wobei ich als Junker das Mutterreych zwar vertrat, aber fast alle Sassen als Kinder deutlich älter waren als die Mama. So kann das gehen. Der Knappe hat die Nr. 580 und ist nur neun Nummern von mir entfernt, die Sippungsnummer war 3999, hat also mit unserer geliebten Acht nichts zu tun, was mir schwer fiel, natürlich.

Und es wurde alles anders. Der erste Block dauerte bereits länger als gedacht. Denn es gab sooo viele Ausrittsberichte, im Bericht des Kantzlers ebenso wie durch die Sassen selbst mit einer gewissen Überschneidung. Und einen fulminanten Einritt meinerseits. Der dem Thron nicht schnell genug gegangen war. Galopp hätten sie erwartet, aber maximal Schritt bekommen. Klar, ich kannte ja die Kurven und Fallstricke dort nicht. Aber ich konnte mich herausreden. Mein Pferd habe gelahmt, der Drahtesel sei platt gewesen, und ich hätte schon genug zu tun gehabt, sie zu finden. Darauf wurde mir erst einmal ein Schnaps (Birne, jedenfalls Bayernwaldobst…) angeboten, und übrigens erhielt jeder dieses Angebot, wenn er sich zum Nutz und Frommen der Sippung äußerte. Gemeinsam mit meinen nicht eingerittenen Gästen habe ich dann mit einem dreifachen Lulu den Rhein aufgeschäumt, was die Ratisbonensen mir mit einer dreifachen Donauwelle quittierten. Und ich durfte die blaue Kerze anstecken. Klappte sogar!

Protokoll etc., super, kaum lang, also ähm es dauerte schon a weng. Und die Vortragenden mussten ja den IHI laben. Weia! Schmuspause – und einem Sassen wurde übel. Ab auf die Bank. Da lag er mit seinen 82 Jahren. Erst kamen zwei Sanitäter, dann noch zwei, dann der Notarzt. Viel Pieppiep, EKG, hassenichgesehen. Nach einer Stunde war die kurze Schmuspause dann vorbei, und der alte Sasse durfte nicht mehr mitspielen, sondern fuhr mit dem Taxi zu seiner Burgfrau. Es ging ihm dann wieder gut.

Dann der Fechsungsreigen. Fünf Sassen hatten sich eingetragen, einer davon aus Köln. Gewünscht war etwas Nachdenkliches zum Thema Tod und Vergehen, Freundschaft und so, und da dürfte ich als letzter Fechser vor dem Ehrenritt den Abschluss machen. Die Namen meiner fünf Kölner Sassen hatte ich dabei und kurzerhand etwas zusammengeschrieben, dass ich diese fünf alle nicht gekannt hätte, sie insgesamt rund 400 Lebens- und 300 Schlaraffenjahre auf die Lebensuhr gebracht hätten und ich eben von meinen zeitgenössischen Sassen vieles gehört hatte, was den Erzählern die Augen leuchten ließ – und das sei ja das, was Schlaraffia ausmache. Die Freude im Herzen zum Leuchten bringen.

Schön wars – natürlich auch ohne Lulu und jetzt auch ohne Ihi. Dann der Ehrenritt, zu dem ich mit einem Dolch bewaffnet wurde und mich den Ratisbonensen anschließen durfte. Um Glock 10 1/2 des Abends, fast eine Stunde später als gedacht, durfte ich die Heimreise antreten, 50 Kilometer quer durch den Nebel, wo ich sogar von einem ungeduldigen LKW-Fahrer überholt wurde, weil ich nur 70 fuhr in der Suppe. Ich war zu diesem Zeitpunkt fast 30 Kilometer hinter einem LKW hergefahren, auf einer zweispurigen Straße mit Überholverbot und dafür ohne Sicht. Aber, so dachte ich mir, lass ihn fahren, Du willst bei der nächsten Ahallafeyer in der Colonia Agrippina nicht als passiver Teilnehmer mitwirken.

So war das – schön war es, Ende des Ostermondes 163 will ich wieder dort sein oder im Hohen Reyche Strubingia. In meinem Kloster gibt es noch etwas zu tun. Also, Schlaraffen, was ist jetzt meine wirkliche Ausrede? Die Ratisbona oder das Kloster? Weswegen war ich da?