Ein großer Teil der Mitglieder unseres schönen Bundes ist der Meinung, dass es so wie bislang nicht weitergehen kann, darf, oder zumindest sollte. Schlaraffia erlebt zunehmend eine Überalterung. Die jungen Mitglieder lassen sich mehr von technischen Gimmicks begeistern, als von Kunst, Humor und Freundschaft. Aber hat jede Medaille nicht zwei Seiten?
Nichts ist so beständig wie die Veränderung
Es ist unbestreitbar, dass im letzten Jahrhundert beispiellose gravierende gesellschaftliche Veränderungen stattgefunden haben, wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Der Beginn der Industrialisierung läutete eine Zeitenwende ein, die zu immer mehr Technikgläubigkeit und -hörigkeit führte und unter dem Deckmantel des Fortschritts und der Bequemlichkeit unser gesamtes Leben nachhaltig verändert hat.
Man denke an Erfindungen wie das Automobil und die damit verbundene Freiheit und Mobilität, den Computer, der heute das Arbeitsleben dominiert, das Internet, welches Menschen auf der ganzen Welt näher hat zusammenrücken lassen, aber auch unser Kommunikationsverhalten komplett umgeworfen hat.
Und mit all diesen Veränderungen, die zudem immer schnelllebiger wurden, hat sich auch das Leben jedes Einzelnen verändert: Stress und Druck im Beruf nehmen kontinuierlich zu, weil nicht mehr nur die eigentliche Arbeit Aufmerksamkeit bedarf, auch die sich immer weiter entwickelnde Technik muss stets beherrscht werden können.
Welcher Arbeitnehmer kann heute noch von sich sagen, dass er von der Lehre bis zur Rente bei nur einem Arbeitgeber angestellt war? Oder zumindest zweien? Welches Paar ist heute nicht als Doppelverdiener in Lohn und Brot, um sich die Annehmlichkeiten des Alltags zu leisten, auch wenn die Kindererziehung (sofern überhaupt noch welche gewünscht sind) dadurch eher ins Hintertreffen gerät?
Schlaraffia im Wandel der Zeit
All diese Veränderungen verändern auch uns und unsere Lebensweise. Und damit Schlaraffia in dieser modernen Zeit noch attraktiv ist und bleibt, wird der Ruf nach Reformen laut. Das ist gut, denn zumindest hat jeder Rufende schon einmal eines verstanden: Es bringt nichts, sich darüber zu echauffieren, dass die Jugend von heute die Interessen von gestern nicht mehr teilt. Wir sind eben genau kein elitärer Bund, sondern die Basis von Schlaraffia waren von jeher die einfacheren Leute, nicht die privilegierten.
Leider ist das nur der erste Schritt. Denn der Ruf nach Reformen allein mag schon eine kleine Reform darstellen. Nur in der Außenwirkung zeigt so eine Reform keine Wirkung. Dazu bedarf es schon etwas mehr. Und leider liegt genau hier der Hase im Pfeffer:
Es muss sich etwas ändern!
Fangt schon mal an.
Reformen sind nur dann sinnvoll, wenn sie erstens aktiv von allen Mitgliedern mitgetragen werden, und zweitens, wenn die Mitglieder auch bereit sind, ihren Beitrag zu leisten. Allein mit Passivität und der Hoffnung, dass die anderen es schon richten werden, ist eine nachhaltige Änderung nicht möglich.
Jeder Schlaraffe sollte es als seine Pflicht ansehen, das Spiel „Schlaraffia“ nicht nur in den Sippungen und der Ahnen und Tituls wegen zu fördern, sondern vor allem und zuerst dessen Erhalt! Dazu gehört an erster Stelle die Akzeptanz, dass die „guten alten Zeiten“ vor allem eins sind: alt. Verloren. Perdü. Ein Hoch auf die lieben Erinnerungen aus vergangenen Zeiten, als die Junkertafel noch dieses, die Colonia noch jenes und das Burgtheater noch einmal ganz was anderes war. Aber: Willkommen im Hier und Jetzt und der Realität!
Und an zweiter Stelle folgt die Bereitschaft, diejenigen zu unterstützen (oder zumindest nicht zu behindern), die sich engagieren und versuchen, Schlaraffia auch für kommende Generationen am Leben zu erhalten. Das jedoch schafft kein Einzelner, und auch keine Junkertafel allein – nicht einmal uhuversumsbeste!
Dazu gehört aus meiner Sicht auch, auf Ideen der Junkertafel zu reagieren, durch die Junkertafel organisierte Veranstaltungen zu besuchen oder – und das ist das mindeste – uns mitzuteilen, warum eine Veranstaltung Euch nicht anspricht. Nur dann können wir es besser machen, damit alles etwas davon haben. Ignoranz erstickt jedoch unseren Enthusiasmus, überhaupt noch weitere Veranstaltungen zu organisieren. Denn was die „Jungen“ am wenigsten haben, ist Freizeit.
Wenn wir unsere Freizeit opfern, um Veranstaltungen für das Reych zu organisieren, geben wir damit unser wertvollstes und unersetzliches Gut hin, nämlich unsere Lebenszeit. Und das hat mehr verdient als Ignoranz.
Schlaraffia gestalten!
Wir, die „Jungen“, wollen nicht mehr hören, wie ihr „Alten“ mit funkelnden Augen von vergangenen Zeiten berichtet. Wir wollen selbst diese vergangenen Zeiten wiederbeleben, erleben, wir wollen selbst so wie ihr unsere eigenen Geschichten erzählen können, wenn wir die „Alten“ sind, und nicht nur Berichte aus zweiter oder dritter Hand.
Doch: Dazu brauchen wir Euch! Ihr Ritter habt die Erfahrungen, in Summe von mehr als Tausend Jahren! Ihr seid aufgerufen, diese und Euer Wissen an uns „Junge“ weiterzugeben, damit auch wir wachsen können und unsererseits den nachfolgenden Generationen mit Rat und Tat zur Seite stehen können.
Belebt Euren Pioniergeist von einst, lehnt nicht jedes Duell, jedes Turney oder jede Reychsfehde von vornherein ab. Was kümmert uns der schnöde Mammon und der Aufwand der Organisation für die Ausrichtung, wenn es doch eigentlich um das schlaraffische Spiel geht?
Ich kann und will nicht glauben, dass die Colonia in Summe wirklich so alt, müde und träge geworden ist, wie sie sich derzeit für uns darstellt. Wir brauchen Eure Unterstützung!
Oder sollte am Ende Karl Marx doch recht behalten?
Disclaimer
Dieser Beitrag wurde vom Junkermeister nicht geprüft und ist ausschließlich meine persönliche Meinung.
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