Schlaraffen lest! Mitten in der Sommerung möchte ich Euch teilhaben lassen an einer wunderbaren schlaraffischen Veranstaltung: Das allzeyt fröhliche Reych Augusta Trevirorum (144) hatte am 28./29.07.2023 zu einem fulminanten schlaraffischen Programm eingeladen: Geplant war eine Sommersippung mit gemütlichem Ausklang in der Festburg, am Folgetag ein sehenswerter Ausflug in das schöne Moselland und zum würdigen Abschluss des Wochenendes eine Festkrystalline mit Wort- und Musikbeiträgen.
Akt I: Sommersippung
Ab Glock 6 des Abends trafen die Sassen nach und nach in der festlich geschmückten und überaus gemütlichen Festburg, gleichzeitig Heimburg von Ritter T(h)orulf mit H (144), ein. Zur Begrüßung gab es ein Glas köstlicher Mosellethe, um die Formalitäten wie das Ausfüllen des Eynrittszettels kurzweilig zu gestalten. Nach einem kleinen Imbiss und mit viel Geschwätz versammelte sich schließlich eine illustre, fröhlich ausgelassene Sassenschar in der Festburg.
Alte und neue Freunde wurden herzlichst begrüßt, und bei leicht schwülem Wetter war es dann gegen Glock 7.30 des Abends so weit: Mit dem Klang des Abendliedes stimmte uns der Zinkenmeister auf die Sippung ein. Der Eynritt wurde ausgiebig zelebriert und zog sich eine ganze Weile hin, da geschätzt vierzig Sassen aus 29 Reychen, drei Ländern und zwei Kontinenten gekommen waren, um sich mit uns an den Beiträgen zu erfreuen oder auch eigene Fechsungen darzubieten. Sogar Ritter Favorito aus dem hohen Reych Washingtonia (197) war angereist.
Auch – oder gerade – an der Junkertafel ging es hoch her. Hatte Ritter T(h)orulf mit H uns auch in seine Fest- und Heimburg eingeladen, war das für uns kein Grund, ihn deshalb zu schonen. Und so hatte der Junkermeister so seine liebe Mühe, den ausgelassenen Sack Flöhe voller Junker und Knappen zu hüten und dabei gleichzeitig noch die Rolle des Gastgebers und punktuell Zinkenmeisters wahrzunehmen. So ein Junkermeistör hat es eben schwör. Aber sonst wäre es ja auch langweilig. Wortfechsungen und musikalische Beiträge mit Ohrwurmgefahr („Ich bin nur der Nummernboy Num-Mern-Boy“) wechselten sich ab und begeisterten die Sassenschar.
Kurz nach dem Sippungsschlusslied zerstreuten sich die Freunde dann aber auch schon, denn die Anreise war für viele recht beschwerlich gewesen. Vermutlich. Natürlich könnte es auch am ausgiebigen Genuss der Mosellethe gelegen haben.
Akt II: Freizeitprogramm
Wer wollte, konnte sich mit anderen Sassen samt Burgfrauen zur Mittagszeit treffen und an einem vorab geplanten Freizeitprogramm teilnehmen. Nun, ich wollte. Und so begab ich mich nach einem guten Frühstück und Studium der regionalen Wettervorhersage gut ausgerüstet zum Moselufer. Direkt am Ufer hatten Restaurants kleine gemütliche Sitzecken eingerichtet. Nach einem Kaltgetränk und wiederum viel Geschwätz im Kreis der Freunde warteten wir auf unser Moselschiff, die „BERLIN“. Mit dieser ging es dann die Mosel entlang bis nach Zell. Das Wetter meinte es gut mit uns, so dass wir uns oben auf dem Promenadendeck breit machen konnten, und genossen die Fahrt zwischen den Weinbergen hindurch. Leider wurde der blaue Himmel zunehmend grauer. Und pünktlich zur Anlandung in Zell an der Mosel, wo wir umsteigen wollten in bereitstehende Planwagen, öffnete der Himmel seine Schleusen und schützte uns mit viel Kühlwasser vor einem möglichen Hitzschlag.
Ab Zell ging es dann weiter mit 3 Planwagen, die jeweils von einem Traktor gezogen wurden. der Planwagen, in dem ich unterwegs war, war mit einer ritterlichen Musikbox bestückt. Der Freund unterhielt uns beinahe die gesamte Fahrt über mit Perlen der Volksmusik und einigen schlaraffischen Liedern.
Aufwärts ging es, in die Weinberge, mit (Frosch-)Lethe gut versorgt. So mancher Anwohner oder Wanderer mag sich da über die farbenfrohe Gesellschaft gewundert haben, die lautstark mitsingt und hin und wieder mit donnerndem „Lulu!“ die Ruhe des Waldes störte…
Nächster Halt war der Aussichtsturm Prinzenkopf. Der Turm selbst misst zwar gerade einmal 27 Meter, der Berg Prinzenkopf selbst ist aber knapp 236 m hoch. Der Aussichtsturm ist übrigens schon der vierte: Der erste Turm war aus Holz und überdauerte die Witterung keine 5 Jahre, bevor er abgerissen werden musste. Sein Nachfolger wurde daher aus Bruchstein gebaut, wurde aber durch Artilleriebeschuss im 2. Weltkrieg zerstört. Nach dem Weltkrieg war Baumaterial knapp, daher wurde der Turm abermals aus Holz gebaut, doch im Jahr 2005 wurde dieser zu instabil und musste erneut abgerissen werden. Der neue Turm besteht nun aus einer Stahlkonstruktion. Der Aufstieg ist gratis, und nach beschwerlichen, aber lohnenden 130 Stufen Aufstieg bietet sich dem Besucher ein atemberaubender Ausblick: Die Mosel fließt hier in einer 14 km langen Schleife, so dass man den Eindruck hat, es gäbe hier mehrere Moseln. Pünderich, Reil, Alf, Briedel, Zell und Bullay sind mit bloßem Auge zu erkennen, in Richtung West-Nordwest auch die Burg Arras, und im Südosten die Marienburg, die wir bereits zuvor von der Moselseite bestaunen durften.
Oben auf der Plattform angekommen, ergab sich auch die Gelegenheit zu Gesprächen zu Sassen, die vorher auf die anderen Planwagen verteilt waren. So traf Junker Karsten aus der Colonia Agrippina auf ASR Ritter Favorito und nutzte die Gelegenheit nicht nur zu einem ersten Gedankenaustausch, sondern als persönliche Erinnerung auch zu einem ganz privaten Fototermin.
Durch die regen Gespräche verging die Zeit wie im Flug, und so setzten wir die Fahrt etwas verspätet fort, und es ging zurück nach Reil an der Mosel, zur uns schon wohl bekannten Festburg. Die Stimmung wurde zusehends ausgelassener, und gemeinsam freuten wir uns bereits auf die geplante Festkrystalline.
Schlussakt: Die Festkrystalline der Netzritter
1. Auftritt: Reiler Mandolinenorchester
Nach und nach trudelten die Ausflügler in der Festburg ein. Überrascht wurden wir dann alle, denn unsere Gastgeber hatten noch einen besonderen Plan ausgeheckt: Das Reiler Mandolinenorchester, unterstützt durch Musikanten aus dem Nachbardorf, gab sich die Ehre und spielte exklusiv für uns auf, ein Potpourri aus klassischer und folkloristischer Musik, die auch zum Mitsingen animierte. Nach jedem Stück brandete tosender Applaus auf, doch sahen sich die Organisatoren gezwungen, das dargebotene Konzert einkürzen zu müssen. Letztendlich war noch eine umfangreiches Programm geplant, und der Zeitplan war nun vollends durcheinander geraten, so dass Improvisation angesagt war.
2. Auftritt: Eröffnung der Festkrystalline
Nach dem Konzert wurde die Veranstaltung eingeleitet, und die ersten Wortbeiträge wurden geleistet. Der erste Beitrag eines Knappen war etwas langatmig und traf nicht den Geschmack des Publikums, so wurde dieser durch den Junkermeister höchstpersönlich mit der Schere beendet. Wie es sich aber für einen Knappen Schlaraffias gehört, nahm dieser es sportlich. Schließlich lernen wir alle stets hinzu.
Parallel wurde nun das Buffet aufgebaut, und als die ersten leckeren Düfte in die Burg strömten, wurde die Sassenschaft zusehends unruhiger. So hatte es der zweite Redner besonders schwer, denn wehe dem, der sich zwischen einen Schlaraffen und der Atzung in der Schmuspause stellt… Ich muss gestehen, ich kann nicht einmal das Thema wiedergeben, der Beitrag ging vielleicht nicht unter, aber zumindest an mir vorbei.
Während der Eröffnungsrede wurde ich unvermittelt gebeten, doch die Aktivitäten der Junkertafel und diese Webseite kurz vorzustellen. Angetreten also, das irre Schwirren zu entwirren und inmitten aller Wirren sich nicht zu beirren war es dann an mir, unvorbereitet und aus dem Ärmel geschüttelt die Gemüter wieder etwas zu beruhigen und von den Aktivitäten der Junkertafel des allzeyt fröhlichen Reyches Colonia Agrippina zu berichten. In den Fokus stellte ich die Webseite der uhuversumsbesten Junkertafel, die als Gemeinschaftsprojekt in den Zeiten der Pandemie begonnen und sich über die Zeit mehr und mehr entwickelt hatte. Mit teils ernsten, doch überwiegend humorvollen Beiträgen aus dem Blickwinkel der schlaraffischen Jugend ist die Seite angetreten, die eigene Sassenschaft, aber auch anderen Interessierten Schlaraffia näher zu bringen. Besonders hervorgehoben wurde die Schatzsuche nach den Fechsungsperlen mit Einsendeschluss bis zum 31.07.2023, deren Ergebnisse nicht nur prämiert, sondern vor allem für die Nachwuchswerbung eingesetzt werden sollen.
Auch habe ich die Gelegenheit genutzt, das nächste Projekt der Junkertafel der Colonia Agrippina, das „UHU-Wiki“, in kurzen Worten zu beschreiben. Dieses befindet sich zwar aktuell noch in der technischen Umsetzung, aber wenn ich hier bereits Neugier wecken und die umtriebigen Aktivitäten bewerben kann, kann ich den Moment nicht verstreichen lassen.
Überrascht wurde der Junker dann aber noch selbst: Nach den dargebotenen Informationsbeiträgen wurde mir die Plakette der Netzritter überreicht. Da war ich dann doch einmal sprachlos.
Wenn auch nicht für lang. Ihr kennt mich ja. Und deshalb wisst ihr auch, dass ich diese besondere Auszeichnung zwar sehr schätze, aber es mir nicht um Orden, Ahnen, Plaketten, Aufkleber oder Einnäher geht, sondern zuvörderst um die Freude am Spiel. Daher rührt meine Motivation, dieses Spiel zu erhalten und zu fördern, und dazu ist mir jede Idee und jeder konstruktive Meinungsaustausch willkommen. Ob und was in einem Reych, oder speziell in der Colonia Agrippina umgesetzt werden kann und wird, ist davon separat zu bewerten. Nicht jede Idee ist sinnvoll, doch jede Idee ist grundsätzlich erst einmal wichtig und wert, sich damit zu befassen.
3. Auftritt: Wort- und Musikbeiträge
Damit möchte ich nun aber auch zum letzten Teil übergehen, den Wort- und Musikbeiträgen der eingerittenen Sassen und, das verdient besonderer Erwähnung, auch den Musikbeiträgen einer Burgmaid.
Die Tonsassen der Gladebachum Monarchorum (252) waren natürlich wieder mit von der Partie und faszinierten mit ihrem a capella Gesang.
Höhepunkt war jedoch die liebreizende Burgmaid Franziska unseres Schlaraffenbruders Ritter CAN-Fil. Sie zeigte ihre Begeisterung für unseren Bund, indem sie Liedbeiträge von „Cheek to Cheek“ (Coverversion von Lady Gaga/Tony Bennett), „Ich will keine Schokolade“ (Trude Herr) und „Here comes the sun“ (Beatles) zum Besten gab. Begleitet von einem elektronischen Backgroundorchester zog sie mit ihrer vollen, herrlichen Stimme und dem hohen Anspruch an ihre Darbietung alle Anwesenden in ihren Bann.
Ritter Willewo (305) fechste über zwei Damen, die sich unterhalten, und über das Entsetzen der einen, als die andere freimütig berichtet, dass ihr Gatte mit ihrem Einverständnis wöchentlich ein Freudenhaus aufsucht – natürlich um hier zu sippen.
Das mehrstündige Programm war jedoch derart vielfältig, dass es hier den Rahmen sprengen würde, alle Beiträge aufzuzählen. Wer also hier nicht Erwähnung fand mag es mir nachsehen, ich habe nach persönlichem Gusto einige Beiträge ausgewählt, was den Wert der anderen nicht schmälern soll. Et tu, Julius.
Viel zu schnell flog die Zeit dahin, und bei dem hochkarätigen Programm rückte die Mitternachtsstunde stetig näher. Einige wenige Sassen tauschten noch ein Schwätzchen oder Kontaktdaten aus, doch dann zerstreuten wir uns ziemlich schnell. Schließlich stand den meisten am Folgetag noch eine lange Rückfahrt zum Heimburg bevor.
Persönliches Fazit
Ich habe es sehr genossen, nicht nur dem typischen Sommerungsprogramm, sondern auch einmal einer Sommersippung beizuwohnen. Mir ist bewusst, dass es – wie vieles andere – ein kontrovers diskutiertes Thema ist, insofern spreche ich nur für mich. In diesem internationalen Kontext, eingebettet in ein schönes schlaraffisches Rahmenprogramm und über ein gesamtes Wochenende, habe ich die Veranstaltung sehr genossen und kann mir vorstellen, auch im nächsten Jahr an einer ähnlichen Veranstaltung teilzunehmen. Wie jedoch Paracelsus schon bemerkte, dass die Dosis das Gift macht, so ist es auch hier: Wochenweise von Reych zu Reych oder von Sommersippung zu Sommersippung zu tingeln, das wäre nichts für mich. Die Schlaraffen machen im Sommer Pause, und das ist auch gut so. Denn das ist die Zeit, im Kreis der Familie und Freunde Kraft und Ideen zu sammeln, um damit das Spiel in der Winterung zu bereichern.
Sehr gut gefallen hat mir jedoch das Konzept einer mehrtägigen, reychsübergreifenden Veranstaltung, ähnlich wie die Chorfreizeiten oder Vereinsfreizeiten in meiner Kindheit. Dem bereits angesprochenen Ideenaustausch ist das durchaus zuträglich, und es stärkt das Freundschaftsband untereinander. Hier seien mindestens die Junkermeister einmal aufgerufen, sich darüber Gedanken zu machen, ob diese Idee wohldosiert nicht auch regional, sprengelweit oder auch uhuversumsweit umgesetzt werden könnte. Der schlaraffische Nachwuchs würde sicherlich davon profitieren.
Lulu!