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Ein feste Burg ist …

Der erste Eindruck ist oft entscheidend. In Sekundenbruchteilen beurteilen wir, ob uns jemand sympathisch ist, ob wir uns an einem Ort wohl oder bedroht fühlen, oder ob eine Firma seriös wirkt oder eher zwielichtig. Nicht umsonst bauen Unternehmen in Städten immer imposantere Glaspaläste mit hellen, offenen Empfangshallen und einem freundlichen Empfang. Hier fühlen wir uns sicher und gut betreut, hier entsteht Vertrauen.

Gleiches gilt übrigens für alle Aspekte, mit der sich eine Außenwirkung erzeugen lässt. Ob professionell gestaltete Logos, eine moderne, informative und vor allem aktuelle Webseite, oder professionelle Ansprechpartner für einen persönlichen Service.

An der Schlaraffia gehen diese Entwicklungen aber irgendwie komplett vorbei: Beeindruckt in der Colonia noch die Ritterrüstung im Eingangsbereich, geht es danach nur noch bergab: Die Dokumente an der Wand zeugen von vergangenen Schlachten, haben aber leider nur noch historischen Wert. Ähnlich einem Unternehmen, dass damit wirbt, dass es in den 1980er Jahren ein gutes Produkt oder besonders zufriedene Mitarbeiter hatte, klingt das in Bezug auf die letzten Jahrzehnte wie ein Offenbarungseid der Stagnation. Abblätternder Putz, verblichene Wandfarben in der Burg, wackliges Mobiliar, defekte Glühbirnen, ein unansehnlicher und abgewetzter Teppich vor dem Thron trüben weiter den ansonsten doch positiven Eindruck eines lebendigen und fröhlichen Reyches.

Nun, auch in der normalen Welt ist es üblich, aus Kostengründen auf zum Teil dringend erforderliche Instandhaltung zu verzichten oder zumindest aufzuschieben. Die Konsequenzen sind allgegenwärtig, auch wenn wir uns mit den meisten inzwischen abgefunden haben: Marode Brücken und Straßen, die alltäglich für Staus sorgen, überalterte Infrastruktur, ein kaum noch aufzuholender Rückstand im Bereich der Digitalisierung, ein unterfinanziertes Bildungssystem und so weiter, die Liste ist schier endlos.

Doch die Schlaraffia Colonia ist eigentlich gar nicht gezwungen, einen harten Sparkurs zu fahren. Aufgrund der hohen Mitgliederzahl ist die finanzielle Situation des Vereins rosig. Und so drängt sich um so mehr die Frage auf, warum nicht einige dieser Mittel für Erhalt und Verschönerung der Burg eingesetzt werden, die wir allwöchentlich besingen:

Leb‘ wohl nun du Veste, die treu uns beschirmt, ob leuchtet die Sonne, ob’s wettert und stürmt,

und eh‘ noch acht Tage vorübergesaust, das Volk der Schlaraffen in dir wieder haust,

das Volk der Schlaraffen in dir wieder haust.

Sippungsschlusslied, 2. Strophe, Der Schlaraffia Lieder a.U. 150

Insofern rege ich eine Diskussion an, wie mit den finanziellen Mitteln des Vereins verfahren wird. Natürlich soll nicht jegliches Barvermögen geopfert werden, aber es ist für uns Jungschlaraffen dennoch wenig transparent, wofür das Vermögen des Vereins verwendet wird. Denn das Argument des hohen finanziellen Aufwands gegen jegliche Aktivitäten wie Fehden, Turneye oder eben Modernisierungsmaßnahmen zu bringen, wirkt befremdlich:

Denkbar wäre auch eine Sammlung für den Sonderfond „Rettet unsere Burg“. In der Stammrolle der Colonia sind – für Insider wenig überraschend – aktuell 88 Sassen gelistet. Mit einem Sonderbeitrag von einmalig 50,00 Reychsmark könnte schon eine ganze Menge modernisiert, verändert, freundlicher gestaltet werden. Legt der Verein die gleiche Summe aus eigenen Mitteln noch einmal drauf, wäre man für die nächsten Jahrzehnte wieder gerüstet. Und die Schlaraffia Colonia hätte auch wieder eine Burg, in der sich jeder Sasse des Uhuversums wohl fühlt, und die dem Reych Colonia gebührt.